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Die (Un)Sterblichkeit der Buchreihen

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Anfang März erscheint mit „Chain of Gold“ der nächste Roman von Bestseller-Autorin Cassandra Clare. Damit startet der Auftakt zur „The Last Hours“ Reihe, eine neue Geschichte rund um Clares bekannte Shadowhunters. Jene Krieger:innen, die im Laufe der Zeit nicht nur auf die Leinwände dieser Welt expandiert haben, sondern seit nunmehr 13 Jahren zum festen Bestandteil jeder Fantasy-Abteilung gehören. Passend dazu ist „Chain of Gold“ der dreizehnte (!) Hauptroman rund um die Shadowhunters. Und ein Ende ist nicht in Sicht.

Die Unendlichkeit – ein Trend auch über Sci-Fi hinaus

Nur zwei Jahre, bevor Cassandra Clare die Shadowhunters in die Welt entließ, flimmerte in Amerika die erste Folge der Serie „Supernatural“ über die Bildschirme. Mehr als 300 weitere Episoden folgten in den nächsten 13 Jahren. Das endgültige Ende der 15 Staffel starken Serie wird in diesem Mai erwartet. Endlich, mag da der ein oder andere sagen.

Diese beiden Beispiele lassen vermuten, dass das Phänomen der nie enden wollenden Serie – sei es Buch oder Fernsehen – im Fantasy-Genre zuhause ist. Aber dass das beispielsweise auch andere Genre fast noch besser können, beweist Bestseller-Autorin Nora Roberts: Unter ihrem Synonym J.D. Robb schreibt die Amerikanerin seit 1995 die Krimi-Reihe rund um Eve Dallas und ihren „mysteriösen Love Interest Roarke“ im fast gar nicht mehr so futuristischen Jahr 2058. Ursprünglich als Trilogie geplant, erscheint im September 2020 dann Band 51. Ein klassisches, literarisches, überdimensionales „Hoppla“. Die Reihe ist damit mittlerweile so groß, dass auf Goodreads sogar eine Serien eigene Checkliste angeboten wird. Und auch hier das Ende noch nicht in Sicht. Dagegen wirken 300 Folgen Supernatural und 13 Shadowhunters Bücher geradezu lächerlich kurz…

Etablierte Fan-Base, Fan-Service oder Fan-Geld?

Warum und weshalb Serien immer länger dauern? Die Gründe dafür sind wahrscheinlich zahlreich und von Autor:in zu Autor:in oder Verlag zu Verlag unterschiedlich. Fast all diese Motivationen dürften aber mit einem dieser Gewürze verfeinert sein: einer etablierten Fan-Base, dem Fan-Service oder – ganz einfach – Lukrativität. In Zeiten von Prequels, Sequels, Remakes und sonstigen Erweiterungen liegen die Hemmschwellen beim Recyclen von bekanntem Material relativ niedrig. Und spätestens die neuste und damit dritte eigenständige Neuauflage der Spider-Man-Filme in diesem noch sehr jungen Jahrhundert beweisen, dass es sich scheinbar lohnt. Irgendwie zumindest.

Die Rolle der Fandoms sollte dabei nicht unterschätzt werden: Fan-Gruppen entwickeln schnell ein ganz eigenes Momentum, dass in seiner Fragilität jedem Seismographen Konkurrenz macht. Und dieses Momentum schlägt sich gern in Extremen nieder, wie zum Beispiel der Fall der Star Wars Schauspielerin Kelly Marie Tran zeigt (und subsequent auch ihre Rolle in The Rise of the Skywalker).

Das andere Extrem: eine nie endende (Buch)Reihe. Dank Fan-Theorien, Plattformen wie Tumblr oder ungeklärten Schicksalen von Haupt- und Nebencharakteren finden Autor:innen immer öfter neue Ansätze zu alten Ideen, oft zum Nachteil der Qualität der Bücher. Doch in einem begeisterten Fandom trifft letzteres auf taube Ohren. Zumindest bis zu einem gewissen Punkt. Ist dieser jedoch überschritten, kann es dann sehr schnell gehen.

Aber machen wir das Abstrakte konkreter – am Beispiel von Derek Landys „Skulduggery Pleasant“ Reihe.

In diesem Absatz stehen viele Zahlen

„Skulduggery Pleasant“, der erste Band der gleichnamigen Reihe von Derek Landy, erschien im April 2007, also in dem scheinbar besonders fruchtbaren Geburtsjahr für lange Reihen. Und da hören die Ähnlichkeiten zur Shadowhunters-Reihe von Cassandra Clare noch nicht auf: 2020 wird Landy Buch Nummer 13 in der Reihe veröffentlichen – der Auftakt einer brandneuen Trilogie. Yet another one…

Denn spulen wir ein bisschen zurück, ins Jahr 2015 nämlich. Die Abenteuer um den Skelett-Detektiv Skulduggery Pleasant und seinen Lehrling Valkyrie Cain (dt. Walküre Unruh) haben gerade in einem epischen neunten Band ihr Ende gefunden. So zumindest die Theorie. Derek Landy ist weitergezogen und veröffentlicht mit „Demon Road“ den ersten Band zu einer neuen Trilogie – abseits von Skulduggery. Die Reihe schwächelt und verbucht weniger Erfolg als Landys Debüt. Das ging damals nicht nur aus meinen eigenen Erfahrungen als Verkäuferin im Buchhandel hervor, sondern auch aus den durchschnittlichen Bewertungen auf Goodreads: Während der letzte Skulduggery Pleasant Teil „The Dying of the Light“ immerhin noch über 7.000 Ratings einfuhr, waren es beim finalen Teil der „Demon Road“ Trilogie nicht einmal mehr 1.500. Sieht man sich die Auftaktszahlen der beiden Reihe an, so wird die Diskrepanz noch größer: „Demon Road“ verbucht zwar noch etwas über 4.000 Ratings, diese verschwinden aber gegen die 48.000 Ratings von „Skulduggery Pleasant“ quasi im Nichts. Zwar bildet Goodreads hier kein absolutes Bild ab, aber die Zahlen sind ein guter Indikator.

Die Auferstehung des Unsterblichen (Skeletts)

„Einen toten Mann bringt man nicht um“. Auch nicht im Bücherregal.

Derek Landy tut daraufhin das, was sich anbietet. Er entscheidet sich gegen neue Projekte und für das Altbekannte. Im Juni 2017 erscheint mit „Resurrection“ Band 10 von „Skulduggery Pleasant“. Und ist damit buchstäblich eine Auferstehung.

Band 10 folgt jedoch nicht nur den Helden aus der vorangegangenen Story. Ein neuer Protragonist wird vorgestellt: Omen Darkly soll für diese neue Trilogie das sein, was Walküre Unruh für die ursprüngliche Reihe war. Denn zu Beginn von „Skulduggery Pleasant“ ist Walküre 13 Jahre alt, ist aber in neun Büchern gemeinsam mit den Lesern älter geworden. Omen ist also der Neue, der die Brücke zwischen jungen, neuen und alten Fans schlagen soll. So die Theorie.

Was in „Resurrection“ Startschwierigkeiten hat, entwickelt sich im Folgeband „Midnight“ jedoch zu einer ausgewachsenen Katastrophe. Bald wird klar, dass Omen als Charakter eben genau das fehlt – Charakter. Er ist durch und durch ersetzbar, eindimensional und damit tragischerweise genau das, was er von sich selbst denkt. Was als Geschichte gedacht war, in der ein einfacher Junge beweist, dass er mehr als nur der Bruder des Helden ist, fällt auf ganzer Linie flach. Plotstränge führen ins Nichts, unwichtige Details kommen nicht zum Tragen. Omen selbst scheint sogar so entbehrlich zu sein, dass er im dritten Zyklus von „Skulduggery Pleasant“, der mit Band 13 beginnt, einfach gar nicht mehr dabei ist.

In den Ruhestand mit 450 Jahren

Omen ist leider nicht das einzige Problem der Erweiterung von „Skulduggery Pleasant“. Der Plot von „Midnight“ scheint zusammengeschustert, in die Länge gezogen und voll von sinnlosem Geplänkel. Besonders Letzteres ist traurig, da sich „Skulduggery Pleasant“ immer durch witziges und schlagfertiges Scherzen auszeichnete. Aber das war damals, als Derek Landy eigentlich entschieden hatte, rechtzeitig loszulassen.

Was bleibt ist zu hoffen, dass der 450-jährige Skelett-Detektiv vielleicht nach der nächsten Trilogie endlich in den wohlverdienten Ruhestand gehen kann. Aber wer weiß – vielleicht lesen wir uns im Jahr 2058 wieder, wenn wir versuchen die richtige Reihenfolge der 90-bändigen „Skulduggery Pleasant“ Reihe auszuklamüsern. Unterstützt von Cassandra Clare und den unsterblichen Winchester Brüdern.

Schreckt ihr vor zu langen Reihen zurück? Können sie euch gar nicht lang genug sein? Oder fällt es euch leicht vor der nächsten Erweiterung einfach loszulassen? Wie viele Bücher hat eure ideale Reihe?

Tabi, 27 Jahre, studierte in Mainz Englische Literatur und Kultur, um in alten englischen Büchern nach neuem, frischen Sinn zu suchen. Neben Studium und Job widmet sie sich in ihrer Freizeit der Wettbewerbsorganisation im Jugendrotkreuz und ihren zwei Pen und Paper Gruppen. Das Schreiben war schon immer fester Bestandteil ihres Lebens, egal ob Blogposts, Tweets oder Hausarbeiten; gerade schreibt sie an ihrem ersten eigenen Fantasyroman. Für mehr bookish Content ist sie außerdem auf Instagram zu finden.

Der Beitrag Die (Un)Sterblichkeit der Buchreihen erschien zuerst auf Der Bücherblog.


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